Warum der Wandel zu Open Science oft schwerfällig erscheint, lässt sich mit dem Konzept der „Wicked Problems“ erklären, das in einem kürzlich veröffentlichten Werkheft beschrieben wird. Lesen Sie hier, welche Hürden genannt werden und wie Sie als Forschende die Transformation beschleunigen können.
Mitte November 2021 veröffentlichte innOsci – das vor zwei Jahren gegründete Forum für offene Innovationskultur des Stifterverbands – ein interessantes Werkheft mit dem Titel „Die Öffnung der Wissenschaft / Werkheft zur Gestaltung der Transformation“. Im Mittelpunkt der Publikation stehen Methoden, welche die Öffnung der Wissenschaft fördern können. Denn Hürden gibt es so manche, so viele, dass innOsci hier das Konzept der „Wicked Problems“ als Betrachtungsrahmen in die Diskussion einführt.
Die Etablierung von Open-Science-Workflows geht mit nicht zu unterschätzender Komplexität einher, die Organisationen und das gesamte Wissenschaftssystem vor Herausforderungen stellen kann: Manchmal herrscht Uneinigkeit über Problemursachen und hin und wieder bricht ein Streit über den besten Lösungsweg aus. Um innerhalb der Wissenschaft den Systemwechsel voranzutreiben, ist ein breites Bündnis der verschiedenen verantwortlichen Stellen vonnöten. Ein gemeinsames Verständnis vom Konzept der „Wicked Problems“ kann den Blick für die Herausforderungen und Lösungsoptionen schärfen.
Verhaltensänderungen als Schlüssel zur Lösung von “Wicked Problems”
Verhaltensänderungen sind wesentlich im Umgang mit „Wicked Problems“, zumal Open Science althergebrachte Praktiken des Arbeitens und etablierte Kulturen hinterfragt. So gehören zu den im Werkheft genannten Hürden für Open Science tradierte Normen und Prozesse, für Veränderungen hinderliche Hierarchien, ein hoher zeitlicher Aufwand für das Erlernen und Verankern von offenen Praktiken sowie dass Forschungsqualität und gesellschaftliches Engagement bei wissenschaftlichen Karrieren unzureichend berücksichtigt werden.
Wie Sie selbst zur Öffnung der Wissenschaft beitragen können
Das Werkheft nennt drei konkrete Vorschläge, wie Sie als Forscher:in im Umfeld Ihrer Einrichtung über das Thema Open Science informieren und Ihren Kolleg:innen einen kleinen Motivationsschub für die offene Wissenschaft mitgeben können:
Andere Forschende und Studierende für Open-Science-Praktiken sensibilisieren
Wenn Sie andere für Open Science begeistern möchten, kann es über das Feld Open Access am schnellsten gelingen. Beginnen Sie bei sich selbst, übernehmen Sie, falls Sie es nicht ohnehin schon tun, Open-Access-Praktiken in Ihren Forschungsalltag und teilen Sie Ihre Erfahrungen mit anderen. Sowohl Studierende, als auch Fachkolleg:innen können vom freien Zugang zu Literatur massiv profitieren.
Studierenden könnten Sie zeigen, wie sie gezielt nach Open-Access-Literatur recherchieren und sich beispielsweise den Open Access Button installieren können. Auch könnten Sie Ihre Lehre so gestalten, dass Studierende verschiedene offene Praktiken selbst ausprobieren, beispielsweise indem sie versuchen sollen, ihre eigene Arbeit im Open Access verfügbar zu machen. Die Studierenden könnten aber auch versuchen, eine Forschungsarbeit zu replizieren oder ihre eigene Arbeit replizierbar zu machen.
Gegenüber anderen Forschenden könnten Sie für die Veröffentlichung in Open-Access-Zeitschriften werben und außerdem als Vorbild fungieren, indem Sie selbst dort veröffentlichen und Selbstarchivierung in Repositorien betreiben.
Sich über Fördermöglichkeiten für Open Science informieren
Informationen über Fördermöglichkeiten für Open Science finden Sie ebenfalls im Open Economics Guide, und zwar über die Haltung von Forschungsförderinstitutionen zu Open Science, über Kosten von Open Access und Finanzierungsmöglichkeiten sowie über Anforderungen von Fördermittelgebenden in Bezug auf Open Data.
In Gremien und Fachgemeinschaften für Open Practices werben
Innerhalb von Gremien, Arbeitsgruppen und Fachcommunities können Sie sich für die Nutzung von Open-Data- und Open-Access-Praktiken einsetzen und als Vorbild wirken, wenn Sie sie selbst anwenden. Eine weitere Signalwirkung erreichen Sie, wenn Sie sich am Peer Review bei Open-Access-Journals beteiligen.
Bei der Arbeit in Gremien und Fachcommunities können Sie auch auf die großen Überschneidungen zwischen guter wissenschaftlicher Praxis und Open Science verweisen, beziehungsweise darauf, dass Open Science als Weg angesehen wird, um gute wissenschaftliche Praxis ins digitale Zeitalter zu überführen. Somit kann Open Science als ein konkreter Werkzeugkasten zur Erhöhung der Zuverlässigkeit und Integrität von Forschung betrachtet werden.
Hintergrundinformationen und Unterstützung für die Öffnung der Wissenschaft
Der Open Economics Guide bietet Ihnen zudem nützliche Hintergrundinformationen über Open-Science-Praktiken, die Ihnen dabei helfen können, Kolleg:innen und Studierende darauf aufmerksam zu machen. Denn er wurde geschaffen, um Sie in Ihrer Open-Science-Praxis zu unterstützen. In ihm finden Sie unter anderem Trainings- und Unterstützungsmöglichkeiten für Open Science zusammengefasst.
Um andere für Open Science zu sensibilisieren, könnte es auch hilfreich sein, wenn Sie sich mit den individuellen Vorteilen von Open Science, von Open Access und von Open Data beschäftigen.
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