Im Rahmen einer repräsentativen Studie wollte die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft herausfinden, ob – und wenn ja – wie tief Open Science im Forschungsalltag deutscher Wirtschaftsforschender verankert ist. Wir sprachen mit der Studienleiterin über die Ergebnisse.
Im Frühjahr 2022 führte die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft eine breit angelegte repräsentative Bekanntheitsanalyse unter deutschen Wirtschaftsforschenden durch. Ein Teilbereich der Erhebung befasste sich dabei mit dem Thema Open Science und der Frage, inwieweit offene Wissenschaft schon heute Teil des Forschungsalltags ist. Insgesamt wurden dafür mehr als 400 Wirtschaftsforschende mittels einer geschichteten Stichprobe mit zehn definierten Subgruppen online befragt, darunter wissenschaftliche Mitarbeiter:innen und Professor:innen aus BWL und VWL an Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland. Verantwortlich für die Durchführung der Studie war Dr. Doreen Siegfried, Leiterin Marketing und Public Relations an der ZBW. Im Interview berichtet sie von den wichtigsten Ergebnissen.
Frau Siegfried, welche Rolle spielt Open Science laut der Befragung heute in der Wirtschaftsforschung?
Tatsächlich entwickeln sich hier die offene Wissenschaft und ihre Unterdisziplinen – wie Replikationen, Präregistrierungen, Open Code, Data Sharing und so weiter – Schritt für Schritt zum Standard. Laut den Studienergebnissen spielt Open Science heute in den Wirtschaftswissenschaften für 47 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle. Darüber hinaus gaben drei Viertel (77 Prozent) an, dass Open Science zukünftig eine wichtige Rolle in ihrer Praxis spielen wird. Übrigens: Bezogen auf die Fachdisziplinen sind es vor allem die Volkswirt:innen mit 64 Prozent, für die offene Wissenschaft schon jetzt einen wichtigen Aspekt in ihren Arbeitsroutinen darstellt.
Unterschiede finden sich aber auch zwischen den Statusgruppen. Für wissenschaftliche Mitarbeiter:innen spielt Open Science bereits jetzt (54 Prozent), als auch in Zukunft (80 Prozent), eine größere Rolle als für Professor:innen. Bei diesen spielt Open Science derzeit nur für 38 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle und in Zukunft für 80 Prozent. Heute sind es vor allem die wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen, die dem Thema gegenüber aufgeschlossener sind, als die Professor:innen.
Inwiefern hat Open Science bereits praktische Relevanz im Alltag von Wirtschaftsforschenden?
Bei der Befragung zeigte sich schnell, dass Open Access in der Wirtschaftsforschung das dominierende Thema ist, wenn es um offene Wissenschaft geht. Der freie Zugang zu Publikationen ist elementar wichtig. Wesentlich erscheint für Wirtschaftsforschende auch das Thema Open Research Data. Offene Forschungsdaten, die ohne Gebühren verwendet werden können, sind für ein Viertel der Befragten sehr wichtig und für ein weiteres Viertel (27 Prozent) ziemlich wichtig – Open Research Data spielt also für 52 Prozent der Befragten eine wertvolle Rolle.
Werfen wir einen Blick auf die kommenden Jahre: Welche Zukunft hat Open Science in den Wirtschaftswissenschaften vor sich?
Die Diskussion rund um Open Science ist derzeit kaum noch zu überhören. Die großen Forschungsgemeinschaften, darunter auch die Leibniz-Gemeinschaft mit ihren Wirtschaftsforschungsinstituten, haben Leitbilder für Open Science verabschiedet. Daher scheint es auch nicht verwunderlich, wenn über drei Viertel der Befragten Open Science für die Zukunft eine große Rolle zuschreiben.
Erkennbar ist zudem, dass die jüngeren Forschenden sich mehr für offene Wissenschaft interessieren als die älteren Professor:innen. Die junge Generation ist von der Alltäglichkeit des digitalen Arbeitens geprägt – gleichzeitig treibt sie der Wille an, das Wissenschaftssystem zu verändern. Beide Faktoren deuten in die Richtung, dass Open Science in der Zukunft zur neuen Normalität werden kann.
Weiterführende Informationen: Neu beim Thema Open Science? Der Open Economics Guide der ZBW ist Ihre Anlaufstelle, um Ihre Forschung transparenter, besser zugänglich und nachnutzbar zu machen – und am Ende noch erfolgreicher!