Die Nutzung von Open Science gewinnt auch in den Wirtschaftswissenschaften zunehmend an Bedeutung, stößt jedoch weiterhin auf zahlreiche Hürden. Dies zeigt eine aktuelle Untersuchung der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, die nun im Oktober 2024 veröffentlicht wurde. Die Studie gibt Einblick in die Akzeptanz, Anwendung und Hindernisse von Open-Science-Praktiken bei Wirtschaftsforschenden an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Laut der Untersuchung, die auf einer Befragung von 314 Forschenden basiert, erkennen immer mehr Wirtschaftswissenschaftler:innen den Mehrwert von Open Science für die Transparenz und Reproduzierbarkeit ihrer Forschung.
Die Studie zeigt auch, dass signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Institutionstypen bestehen. Die Verfügbarkeit von Daten und Codes neben wissenschaftlichen Artikeln spielt für viele Forschende eine wichtige Rolle. Die Nutzung von offenen Forschungsdaten und die Publikation eigener Daten und Codes werden jedoch durch den hohen Aufwand und potenzielle Wettbewerbsnachteile erschwert. Die Studie verdeutlicht zudem, dass rechtliche und finanzielle Barrieren sowie der Zeitmangel und die fehlende Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft die vollständige Umsetzung von Open-Science-Praktiken in den Wirtschaftswissenschaften behindern.
Diese Entwicklung wird durch institutionelle Förderungen und strategische Initiativen gestützt, die die Sichtbarkeit und den Zugang zu Forschungsergebnissen verbessern sollen. So nutzen viele Forschende bereits Plattformen und Repositorien, um ihre Daten und Publikationen offen zu teilen. Die Studie zeigt, dass Open Science nicht nur als ein Trend, sondern als fester Bestandteil der Forschungspraxis gesehen wird – allerdings nur, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sind.
Barrieren und Herausforderungen
Trotz dieser positiven Entwicklung gibt es noch deutliche Hürden bei der Umsetzung von Open Science. Die Studie identifiziert drei zentrale Barrieren:
- Rechtliche Unsicherheiten: Viele Forschende sind sich unsicher, inwieweit sie ihre Daten offen zugänglich machen dürfen, ohne gegen urheberrechtliche Bestimmungen oder Datenschutzrichtlinien zu verstoßen. Dies führt häufig dazu, dass wertvolle Daten gar nicht erst publiziert werden.
- Finanzielle Belastungen: Hohe Publikationsgebühren (APCs) stellen insbesondere für Forschende an kleineren Institutionen eine große Herausforderung dar. Ohne ausreichende finanzielle Unterstützung bleibt die Veröffentlichung von Open-Access-Artikeln für viele schwer realisierbar.
- Mangelnde Anerkennung: Die Publikation von Daten und offenen Forschungsergebnissen wird in der wissenschaftlichen Karriereplanung noch immer wenig berücksichtigt. Es fehlen Anreize und sichtbare Mehrwerte, die eine offene Forschungspraxis fördern könnten.
Diese Hürden führen dazu, dass Open Science in den Wirtschaftswissenschaften oft nur selektiv umgesetzt wird. So veröffentlichen zwar viele Forschende ihre Ergebnisse in Open-Access-Journals, die vollständige Offenlegung von Daten und Methodik bleibt jedoch häufig aus.
Handlungsbedarf für die Zukunft
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen den Bedarf an gezielter Unterstützung und klaren Richtlinien, um die Akzeptanz und Nutzung von Open Science in den Wirtschaftswissenschaften weiter zu fördern. Vor allem die Beseitigung rechtlicher und finanzieller Hürden sowie die Anerkennung offener Forschung in der wissenschaftlichen Karriereplanung sind dabei zentrale Stellschrauben.
Die ZBW will die gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um ihre Angebote und Dienstleistungen im Bereich Open Science, wie den Open Economics Guide, weiter auszubauen. Geplant sind Maßnahmen zur stärkeren Vernetzung von Forschenden und zur Förderung der Open-Science-Community in den Wirtschaftswissenschaften.
Der vollständige Bericht der Studie „Die Bedeutung von Open Science in den Wirtschaftswissenschaften“ steht auf dem Open-Access-Publikationsserver EconStor der ZBW zum Download bereit.