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Open-Science-Preisträger:innen: Was lässt sich von ihnen lernen?

Welche Motive treiben Open-Science-Pionier:innen an? Wissenschaftsforscher Ronny Röwert hat sich in seinem Promotionsprojekt damit beschäftigt und gibt im Interview Tipps für Forschende.

Ronny Röwert (TU Hamburg) hat sich in seinem Promotionsprojekt damit beschäftigt, warum Forschende Open Science betreiben. Dafür hat er Forschende in den Fokus gerückt, die relativ lange und viel Open Science praktizieren, nämlich Open-Science-Preisträger:innen aus dem deutschen Wissenschaftssystem. Im Gespräch verrät er seine Erkenntnisse.

Was haben Sie in Ihrer Doktorarbeit herausgefunden? Was motiviert Wissenschaftler:innen, Open Science zu betreiben?

Insgesamt 14 Motive konnte ich als Gründe herauskristallisieren. Neben persönlichen Gründen, wie Zitationsvorteilen oder dem Wunsch nach Anerkennung für die eigene Arbeit, gehören dazu auch Gründe, die für die Forschungscommunity relevant sind, wie dass die eigene Forschung nachgenutzt wird, effizientes Arbeiten oder neue Kooperationen angestrebt werden. Ich konnte aber auch ein paar Gründe finden, die so noch gar nicht in der Literatur besprochen wurden, zum Beispiel ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Pioniergemeinschaft, also Anti-Mainstream zu sein, oder auch Sinn und Wirkungsorientierung gehören dazu. Also, wenn ich schon so viel Zeit, und häufig ist dies in der Wissenschaft auch Freizeit, für die wissenschaftliche Arbeit verwende, dann muss es wirklich Sinn machen, und da sagen eben viele, dafür muss sie offen sein.

Das Spannende ist, dass alle mindestens drei oder vier Gründe genannt haben, und zwar immer altruistische sowie karrieristische Gründe gleichermaßen. Es ist immer ein Zusammenspiel aus ganz persönlichen und gesellschaftlichen, ja vielleicht auch ein paar selbstlosen Gründen.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Wirtschaftswissenschaften und anderen Disziplinen?

In datengetriebenen disziplinären Kontexten wie den Wirtschaftswissenschaften oder der quantitativen Soziologie setzen sich Open-Science-Verständnisse und -Praktiken schneller durch, während in bisher weniger Open-Science-affinen Disziplinen wie der Architektur oder den Geschichtswissenschaften die Idee von Open Science vielfältiger gelebt wird, etwa durch verstärkte Citizen-Science-Ansätze. Letztlich muss jede Disziplin, also auch die Wirtschaftswissenschaften, selbst definieren, wie Open Science die Forschungspraxis konkret bereichern kann, auch in ihren Fachgesellschaften.

Was sind die stärksten Treiber?

Top eins ist auf jeden Fall die Nachnutzung. Das zweite Motiv ist, Zitationsvorteile zu erlangen. Das dritte ist das öffentliche Interesse, wie ich es genannt habe. Das heißt zum Beispiel, dass man in steuerfinanzierten Forschungsprojekten den Anspruch hat, der Gesellschaft gerecht zu werden und die Ergebnisse zugänglich zu machen. Danach kommen schon so weiche Treiber wie eine Wirkungs- und Sinnorientierung, also, dass alle sagen:“ Ich mach mir doch nicht diese Mühe, um am Ende einer oder eine unter vielen zu sein“. Deshalb verorten sie sich in dieser pionierhaften Rolle.

Was würden Sie Forschenden raten, um ihre Kolleg:innen für Open Science zu inspirieren?

Ich würde dazu raten, so konkret wie möglich zu schildern, wie man es umsetzt, um Kolleg:innen zu überzeugen. Also eine Literaturwissenschaftlerin, die die Verhandlungen mit den Verlagen offenlegt, die Beispielmails dazu teilt, die sagt, wo es auch mal nicht geklappt hat. Was sie daraus lernen für das nächste Mal, für den nächsten Antrag für ein Forschungsprojekt. Eine Stütze könnten vielleicht auch diese verschiedenen Motive sein. Darüber ins Gespräch zu kommen und auch zu akzeptieren, dass alle unterschiedliche Gründe haben. Was treibt dich an, warum könntest du dir vorstellen, dich im nächsten Forschungsprojekt doch mal um Open Access oder ein offenes Forschungsdatenmanagement zu bemühen?

Welche Tipps haben Sie für Nachwuchsforschende, die fragen, wie sie Open Science am besten umsetzen können?

Ich würde, zugespitzt gesagt, so etwas wie Mutausbrüche wagen. Ganz praktisch: sich mindestens einmal im Jahr einen Reminder setzen und mal zwei, drei Stunden mit sich selbst, vielleicht auch mit Kolleginnen und Kollegen, in Klausur gehen. Warum möchte ich Open Science umsetzen? Wie kann ich meine eigene Forschungspraxis offener, transparenter gestalten?

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