Studierende prüfen im Rahmen eines Praktikums die rechnerische Reproduzierbarkeit von Artikeln, bevor sie erscheinen, und sammeln dabei praktische Erfahrungen im Umgang mit Daten und Code. Lars Vilhuber stellte dieses Programm im Rahmen der ersten “Coffee Lecture on Open Science Education” vor und diskutierte die (rhetorische) Frage: “Kann oder sollte dies erweitert werden?”
Am 15. Oktober 2024 startete die neue ZBW-Veranstaltungsreihe “Coffee Lecture on Open Science Education” mit einen Vortrag von Lars Vilhuber, Mitglied der Fakultät des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Cornell University und Data Editor der American Economic Association (AEA). Er sprach über die Integration von Open Science und Reproduzierbarkeit in die akademische Lehre. Dabei konzentrierte er sich auf die Ausbildung von Studierenden außerhalb traditioneller Lehrveranstaltungen. Im LDI Replication Lab (LDI = Labor Dynamics Institute) an der Cornell University betreut Vilhuber Studierende, die Artikel vor ihrer Veröffentlichung in einem Journal der AEA auf rechnerische Reproduzierbarkeit hin prüfen.
Bei der Arbeit im Labor handelt es sich um ein Praktikum und nicht um ein klassisches Lehrformat. Hierin sammeln die Studierenden praktische Erfahrungen in der Reproduzierbarkeit und lernen offene Praktiken kennen. Sie überprüfen die Zugänglichkeit von Daten, verifizieren die Lauffähigkeit von Forschungscode und dokumentieren ihre Ergebnisse in Berichten für die Autor:innen. In einem Training (Trainingsmaterialen) werden die Studierenden auf diese Aufgaben vorbereitet. Teil davon sind auch eine Einführung in Open Science und Forschungsethik. Vilhuber erhält positive Rückmeldungen von den teilnehmenden Studierenden, die während des Praktikums zudem wichtige technische, kommunikative und organisatorische Fähigkeiten erlernen, die für ihre spätere Karriere nützlich sind.
Über seine Arbeit an der Cornell University hinaus erweiterte Vilhuber dieses Programm erfolgreich auf Partnerinstitutionen wie die University of Notre Dame und die University of Colorado Boulder, wo in Zusammenarbeit mit lokalen Koordinator:innen ähnliche Praktika durchgeführt wurden. Laut Vilhuber könnte eine solche Ausbildung auch akademische Curricula bereichern. Universitäten könnten laut ihm ähnliche Projekte in Bachelor- und Masterprogramme integrieren, damit Studierende diese Fähigkeiten im Rahmen betreuter Lehrveranstaltungen anwenden. Vilhuber forderte auch, Reproduzierbarkeit und Open Science stärker in der klassischen Doktorandenausbildung zu verankern. Dabei sollte der Bezug über Publikationen hinausgehen und den gesamten Forschungszyklus betrachten. Vilhuber nannte dies „Reproduzierbarkeit am ersten Tag“, also ein Forschungsprojekt von Anfang an in einer reproduzierbaren Umgebung durchzuführen.
Für Vilhuber stellt Reproduzierbarkeit nicht bloß eine akademische Übung dar, sondern eine notwendige Fähigkeit für moderne Forschung. Durch die Verankerung dieser Praktiken in der Ausbildung können Institutionen ihre Studierenden besser auf eine offene, transparente und reproduzierbare Forschungsumgebung vorbereiten.